Kategorie: Gegenwart

Meinungen, Ideen und weiterführende Anregungen zu gegenwärtigen Diskussionen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft & Kultur.

  • Warten wir mal ab, was mit Hollywood passiert. Darauf bin ich wirklich gespannt! Wann werden die ersten Blockbuster erscheinen, die eine eindeutigen Project 2025 Handschrift tragen werden? Wird das frontal kommen oder hinten herum? Welche Schauspieler:innen, Regiseur:innen und Produzent:innen werden als erstes umfallen? Werden sie Widerstand zeigen und gegen den Strich produzieren? Ich bin pessimistisch. David Lynch ist tot.

    Auch bei der Musik bin ich gespannt. Wie wird sich das nächste Album von Taylor Swift oder Beyoncé anhören? Wird Kendrick Lamar so wie Ye umfallen? Wird Public Enemy ins Gefängnis wandern?

    Die „Philosophen“ der Paypal-Mafia beziehen sich ja eindeutig auf Hollywood und betonen, dass die Imaginationskraft der Blockbuster ihnen dabei hilft, ihre libertären SciFi-Polit-Träume umzusetzen. Diese Imagination müsste natürlich subtil passieren, sonst würde es schnell durchschaut werden. Die Klerikalfaschisten in der gegenwärtigen Koalition sind aber keine Freunde der feinen Klinge. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, wie sich dieser medienindustrielle Komplex weiterentwickeln wird. Rechnen wir am besten mit allem.

  • Mit dem Internet brach über meine Generation so ein verdammtes Selbstoptimierungsvirus herein, das mich in der täglichen Konfrontation mit Timelines und Selbstportraits nur noch anwidert. Zunächst habe ich darauf reagiert, indem ich Menschen aus meinen Fotografien verbannt habe. Der Versuch einer Reaktion auf diese Eitelkeit. Aber durch den Umstand, dass ich auch selber Apologet dieser Krankheit bin, muss der Bruch noch tiefer gehen. Ich denke hier an einen Bildersturm bei Instagram.

  • Ich verstehe die ICE Beamten nicht. Wurden die jetzt wirklich alle ausgewechselt? Trump ist jetzt ganze zweieinhalb Monate im Amt. Das sind doch zum größten Teil noch die gleichen, oder? Täglich liest man schauerliche Geschichten von der US-Grenze, von Inhaftierungen aufgrund der abstrusesten Verdächtigungen. Haben diese Beamten tatsächlich so lange ihr Arschlochsein unterdrückt oder sind das tatsächlich Weisungen von oben? Wir sehen hier Hannah Arendts Banalität im Live-TV. Es hat nicht einmal ein halbes Jahr gebraucht.

  • Vor zwei Jahren (!) hat die Armee der Russischen Förderation die Ukraine angegriffen. Seitdem sprechen alle wieder vom Gas. Wir wohnen auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerks Leopoldau, das Gas umgibt uns hier, auch wenn man versucht, es vor uns zu verstecken. Post-industrieller Wohnbau, der uns kalt erwischt.

  • Es war ein saumieses Wetter, aber Wien hat klare Kante gezeigt. Die Identitären haben es sich nicht nehmen lassen, vom Dach des Palais Epstein ein Transparent entrollen zu müssen, aber der Gegenwind, den diese Spinner geerntet haben, war laut und eindeutig. Stabil.

  • Schnee in Wien. Das ist schon etwas Besonderes. Grund genug für einen Wetterbericht.

  • Ein ungeheuer wichtiges Interview mit Jamal Hachem, dem Gründer von Affine Records, im Magazin der mica über die mögliche Zukunft des Musikgeschäfts:

    Ich will das 15-jährige Jubiläum dafür nutzen, um zu beschreiben, in welche Bereiche diese monopolistische Streaming-Vorherrschaft ausstrahlt. Und was wir tun können, um sie zu brechen. Es geht mir also nicht nur um eine Bestandsaufnahme oder einen akademischen Diskurszirkel, sondern vor allem um Lösungsansätze, die uns als Independent-Labels und somit den vertretenen Artists kollektiv einen Ausstieg aus der Streaming-Despotie ermöglichen soll, um in weiterer Folge ein neues und besseres System zu entwickeln.

    Es geht um neue Standards, die den Ist-Zustand brechen. Das ist möglich, indem wir aufbegehren. Damit meine ich nicht, dass wir in Streik treten gegenüber einem Konzern wie Spotify. Es geht darum, dass wir ihn und ähnlich handelnde Akteure nicht mehr als legitime Spielteilnehmer erachten. Ich habe keine Lust mehr, eine Maschine zu füttern, die uns noch weiter an den Rand drängt und uns letztendlich auffressen wird.

    Quelle: „DIE GEMEINSAME ABLEHNUNG EINES SYSTEMS, VON DEM NIEMAND PROFITIERT“ – JAMAL HACHEM (AFFINE RECORDS) IM MICA-INTERVIEW
  • Heute morgen habe ich zwei Artikel gelesen, amerikanische Innenpolitik in der NY-Times. Ich warne davor, darüber zu lange nachzudenken, das könnte die Gänsehaut versteifen.

    Zunächst zu Trump und seinem Versuch, bei der nächsten Wahl eine Abkürzung zu nehmen:

    “This is the kind of stuff that’s not talked about in the news,” said Scott Golden, the chairman of the Tennessee Republican Party, who was invited to speak briefly in private with Mr. Trump when the former president visited his state this spring. “This is important stuff. It is ultimately about making sure your person is the nominee.”

    Quelle: NY-Times Inside Trump’s Backroom Effort to Lock Up the Nomination

    Als Topping dann noch ein Kommentar zur Kandidatur von JFK Jr., ein Hinweis der ein paar prinzipielle Probleme mit der us-amerikanischen Verfassung offenbart:

    The bomb goes off if an independent candidate like Mr. Kennedy manages to pick up a few electoral votes and prevents either of the two main candidates from winning an outright majority of electors (at least 270 out of 538). In that case, the American people no longer have a say in the biggest election in the land. Instead, under the 12th Amendment, the top three electoral vote getters advance to a second round, in which the House of Representatives “shall choose immediately, by ballot, the president. But” — and rarely in the history of democracy has a “but” been asked to do so much — “in choosing the president, the votes shall be taken by states, the representation from each state having one vote.”

    Quelle: NY-Times The Real Danger in Robert F. Kennedy Jr.’s Independent Run

    Wie war das mit dem ’nation building‘? Ich frage mich immer mehr, wer hier wirklich der ‚failed state‘ ist?

  • Jemand, der weiß wovon er spricht, ordnet die Neuigkeit aus dem Nahen Osten für uns ein. Danke für diesen Input:

    The Arab world is coming to terms with Israel. Saudi Arabia is talking about normalizing relations with Israel. As part of that potential deal, the United States is pressing Israel to make concessions to the Palestinian Authority—Hamas’s enemy. So this was an opportunity for Hamas and its Iranian backers to disrupt the whole process, which I think in retrospect was deeply threatening to both of them. I don’t think that Hamas follows dictation from Iran, but I do think they act in coordination, and they had a common interest in disrupting the progress that was underway and that was gaining a lot of support among Arab populations. The idea was to embarrass those Arab leaders who have made peace with Israel, or who might do so, and to prove that Hamas and Iran are the ones who are able to inflict military defeat on Israel.

    And in terms of escalation, the party to watch most closely is Hezbollah. If the Palestinian death toll rises, Hezbollah will be tempted to join the fray. They have 150,000 rockets they can rain down on Israel’s main cities, and that will lead to an all-out war not just in Gaza but in Lebanon, too. And everybody would get dragged in that situation.

    via Why Hamas Attacked—and Why Israel Was Taken by Surprise
  • Eine spannende Analyse zur Frage, weshalb JournalistInnen Twitter so lange die Stange halten. Da sind durchwegs interessante Gedanken dabei, v.a. denke ich, ist es ein recht realistischer Blick, so wie z.B. dieser hier:

    Was getweetet war, das stand geschrieben. Heute ist es ja nicht mehr so, aber der Korporatismus ist sicher einer der stärksten Faktoren, der Kommunikationsprofis auf Twitter hält, bis es ein vergleichbares Unternehmen gibt. Er ist auch der größte Stolperstein für verteilte Systeme wie das Fediverse. Wen willst du anrufen, wenn auf dingdong.social was nicht stimmt? Man kommt sich dann ja vor wie ein Kissinger, der verzweifelt „Europa“ anrufen möchte. So will niemand enden. Für den Korporatismus nehmen die genannten Akteure auch jederzeit in Kauf, ihre Arbeit wieder auf der nächsten Milliardärsplattform wie Bluesky zu versenken. Man kennt sich ja schon von früher.

    Twitters Funktion für den Onlinejournalismus von Günter Hack